Bewerbungstipps und Recruiting-Prozess mit Personalvermittlerin Vanessa Stammnitz – IT-Berufe-Podcast #152

IT-Berufe-Podcast - Un podcast de Stefan Macke - Les lundis

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Viele konkrete Bewerbungstipps und Infos über den Bewerbungsprozess in Unternehmen von Personalvermittlerin Vanessa Stammnitz gibt es in der einhundertzweiundfünfzigsten Episode des IT-Berufe-Podcasts. Allgemeines zur Person Wie ist dein Name und wo arbeitest du? Vanessa Stammnitz, seit 2017 Inhaberin von Stammnitz Personal, einer Personalberatung mit Schwerpunkt SAP. Ich komme ursprünglich aus Leipzig, lebe und arbeite aber in Esslingen. Wir vermitteln insb. SAP-Berater, sind aber auch im Bereich Industrie 4.0 unterwegs. Die beiden Bereiche wachsen aktuell zusammen, da Künstliche Intelligenz, Robotik und autonome Bereiche der Produktion auch in SAP Einzug halten bzw. von dort gesteuert oder überwacht werden. An welchen Projekten arbeitest du zur Zeit in deinem Tagesjob? Ich bin in der Personalvermittlung tätig, die häufig in Form von kleinen Projekten abläuft. Ein Kunde erteilt mir z.B. einen Suchauftrag für einen SAP-Entwickler und ich lege los, z.B. mit einer Internet-Recherche. Meine Kunden sind häufig Startups, z.B. aus dem Bereich Industrie 4.0, die oft (noch) keine eigene Human-Resources- oder Personalabteilung haben, und teils zum ersten Mal außerhalb des eigenen Freundeskreises Personal suchen. Ich bin Ansprechpartner für viele Aufgaben im Bereich Personal, z.B. auch Coaching, Teamaufbau, Mitarbeiter führen und halten, alte Hierarchien aufbrechen. Die Arbeitswelt ändert sich aktuell stark. Stichwörter sind Arbeit 4.0, Homeoffice, Agilität oder New Work. Dafür braucht man neue Prozesse oder Strategien. Unternehmen müssen mitarbeiterfreundlicher werden, denn wir haben aktuell einen Bewerbermarkt! Es gibt viel zu wenige Bewerber aktuell. Meine Kunden suchen teilweise 1-2 Jahre selbst, bevor sie mich ansprechen. Viele haben schon ihre Anforderungen an die Bewerber herruntergeschraubt und trotzdem niemanden gefunden. Mitarbeiter müssen Spaß an der Arbeit haben! Aktuelle Hypes sind z.B. Großraumbüros mit viel Glas und ohne feste Arbeitsplätze. Das führte jedoch dazu, dass viele Entwickler das gar nicht so gut fanden. Wer möchte schon jeden Tag um seinen "Lieblingsplatz" mit den Kollegen kämpfen? Wenn man dank Homeoffice nur 2 Mal im Monat im Büro ist, geht das vielleicht, aber für die tägliche Arbeit ist das Mist. Wie bist du zur Personalvermittlung gekommen? Ich habe klassisch BWL studiert. Mein duales Studium habe ich im Handel absolviert in einem eher konservativen Unternehmen. Danach habe ich bewusst eine 180-Grad-Wendung gemacht und auf einer Jobmesse eine Personalberatung als neuen Arbeitgeber entdeckt. Danach habe ich mich dann in diesem Bereich selbstständig gemacht. Welche Ausbildung bzw. welches Studium hast du absolviert? Leider kann man "Personal" nicht direkt studieren und es gibt auch keine Ausbildung. Viele Personalvermittler sind daher ITler oder - wie ich - BWLer. Meine Mitarbeiterin Jannika ist Studentin mit Schwerpunkt Personalmanagement. Einige Master-Studiengänge drehen sich um Personal. Das Thema hat auch viel mit Psychologie zu tun und natürlich auch mit rechtlichen Inhalten. Personaldienstleistungen Recruiting-Prozess Wie sieht die tägliche Arbeit einer Personalberaterin aus? Ca. 70% der Arbeit laufen telefonisch ab, 30% per Mail oder im persönlichen Gespräch. Ich muss viele Details und Fragen mit potentiellen Kandidaten abklären. Die technische Suche läuft häufig über Xing bzw. LinkedIn, aber vermehrt auch einfach per Google. Ich finde viele Lebensläufe über Google, komplett mit Namen, Bild usw. völlig frei zugänglich. Da sind immer häufiger auch Bilder oder Videos online, die für den Bewerber nicht so toll aussehen. Beispiel: Ein Azubi suchte einen neuen Betrieb. Bei einer Google-Suche nach seinem Namen wurde direkt ein Bild von ihm im Anzug, aber mit einer Feuerwaffe in der Hand angezeigt. Das finde nicht nur ich schnell, sondern auch ein potentieller Arbeitgeber. Ich coache auch Bewerber, die sich - gerade in der IT - falsch oder unglücklich darstellen. Sie stellen ihr Licht häufig unter den Scheffel. Da pushe ich ein bisschen, damit sie mir Selbstvertrauen zeigen. Muss man heutzutage (als ITler) online auffindbar sein? Grundsätzlich haben einfach viele ITler heute eine Online-Präsenz. Und Bewerber werden über Google gesucht! Dessen muss man sich einfach bewusst sein. Seine (technischen) Projekte zu zeigen ist sicherlich gut für Bewerber. Aber auch die privaten Hobbys - z.B. eine Fotografie-Seite - sind potentiell interessant, da es bei Stellenbesetzungen oftmals um den Menschen geht und nicht um die Technik. Andersherum ist es vielleicht für einen Bewerber im Bereich IT-Security gerade gut, wenn man ihn nicht online findet! Da könnte man direkt im Bewerbungsgespräch fragen, wie er das hinbekommen hat. Insgesamt sollte der Online-Auftritt einfach zum anvisierten Job passen. Ein Webentwickler sollte heute einfach online sein! Sicht der Bewerber Wie läuft der gesamte Prozess bis zur Einstellung ab? Bewerber bewerben sich direkt auf Stellenausschreibungen, für die ich die Ansprechpartnerin bin oder bitten mich um Hilfe bei der Stellensuche. Ich frage dann zuerst, warum er wechseln möchte. Liegt es z.B. am Standort, dem Geld usw.? Dann frage ich, welches Unternehmen passen könnte oder welcher Fachbereich. Gerade direkt nach Ausbildung ist das wichtig: Welcher Bereich passt zum Bewerber? Soll es vielleicht doch noch ein Studium sein? Ist vielleicht ein Sabbatical geplant? Wichtig ist auch die Unterscheidung zwischen Großkonzern und Mittelstand oder Kleinunternehmen. Das kostet zwar zunächst Zeit, filtert aber viele unpassende Stellen direkt heraus und lohnt sich daher später. Weitere Fragen sind z.B. Präferenzen zur Teamarbeit vs. Homeoffice, Bedürfnisse von Bewerbern mit Kindern, Interesse an Teilzeit usw. Nach diesem Vorgespräch suche ich dann eine konkrete Stellenausschreibung und stelle sie dem Bewerber vor, inkl. Informationen zum zukünftigen Chef, den Projekten, ggfs. nötigen Englischkenntnissen usw. Viele Bewerber sind gerade bei der ersten Bewerbung überwältigt von dem ganzen Drumherum. Wer übernimmt die Kosten für das Verfahren? Für die Bewerber ist eine Personalberatung immer kostenfrei. Die Unternehmen bezahlen die Vermittlungskosten. Welche Vorteile bietet die Zusammenarbeit mit einer Personalberaterin den Bewerbern? Personalberater sind neutrale Partner der Bewerber. Ihnen darf man auch "dumme" Fragen stellen. Und sie beruhigen die Kandidaten z.B. vor dem ersten Interview durch ein Bewerbungstraining. Wann fragt man z.B. am besten nach dem Gehalt? Das kann ggfs. schon vorab geklärt werden. Meist ist zumindest eine Gehaltsspanne bekannt. Personalberater suchen auch direkt gut passende Stellen für die Bewerber heraus. "Traumarbeitgeber" kann man auch nennen und manchmal funktioniert das sogar. Viele Bewerber wissen aber gar nicht genau, warum sie z.B. zu Microsoft wollen. Startups tun sich häufig schwer, gute Bewerber zu finden, weil die Kandidaten eher zu etablierten Unternehmen wollen. Dabei sind Startups durchaus interessante Arbeitgeber. Ich betreue z.B. seit 2014 einen Kunden mit 4 IT-Mitarbeitern, der SAP eingeführt hat. Dort habe ich von Beginn an das Team mit aufgebaut. Der Chef war sehr nett, aber das wusste niemand, da das Startup sich noch keinen Namen gemacht hatte. Gerade Junioren lassen sich häufig von Geld blenden. Eine Forderung nach 65.000 EUR zum Einstieg ist da keine Seltenheit. Dabei sind ein doofer Chef und langweilige Aufgaben viel schlimmer für die Zufriedenheit als (scheinbar) wenig Geld. Worauf sollte man bei den Bewerbungsunterlagen besonders achten? Viele meiner Kunden legen nicht viel Wert auf fachliche/technische Inhalte. Noten sind auch gar nicht so wichtig, sofern man "Ausrutscher" gut begründen kann. Das persönliche Gespräch ist deutlich wichtiger. Klassische Pflichtinhalte einer Bewerbung sind sicherlich Lebenslauf und Zeugnisse. Heutzutage ist eine Projektliste auch wichtiger als ein klassischer Lebenslauf. Die Unternehmen wollen wissen, was man wirklich praktisch angewendet hat. Außerdem sollte man zeigen, dass noch mehr hinter dem Bewerber steckt als die üblichen Buzzwords. Sich per Xing oder LinkedIn zu bewerben geht inzwischen auch schon häufig. Sind Arbeits- oder Schulzeugnisse wichtiger? Arbeitszeugnisse sind extrem wichtig! Gerade in Deutschland werden sie sehr genau gelesen. Dabei ist die Note 1 oder 2 nicht so wichtig, sondern mehr die Vollständigkeit. Ein "Alarm" für potentielle Arbeitgeber ist, wenn zwar alle Schulzeugnisse vorliegen, aber kein Arbeitszeugnis! Das wirkt sofort seltsam. Schlechte Noten, z.B. in Mathe, sind gar nicht so schlimm. Für einige Inhalte kann es z.B. einfach zu früh gewesen sein in der Schule. Ich selbst habe Mathe auch erst im Studium so richtig verstanden. Die Abschlussnote der Ausbildung ist fast egal, sofern man die Ausbildung bestanden hat. Ist ein Anschreiben heute noch zeitgemäß? Nein, ein Anschreiben wird heute oftmals nicht mehr benötigt. Die begleitende E-Mail ist meist schon Anschreiben genug. Wie kann man als Bewerber seine Kenntnisse in bestimmten Technologien demonstrieren? Durch die angehängte Projektliste und/oder Referenzen früherer Arbeitgeber. Wie wichtig sind Zertifizierungen (z.B. MCSE)? Meine persönliche Meinung ist, dass Zertifikate niemals die praktische Erfahrung ersetzen können. Beispiel: SAP: Das Zertifikat reicht nicht, um wirklich praktisch arbeiten zu können. Es kostet viel Geld und reicht trotzdem nicht zum Einstieg in den Beruf. Ein Praktikum im Unternehmen ist da schon viel sinnvoller. Sollten sich Bewerber auf Stellen bewerben, für die sie nur einen kleinen Teil der Anforderungen erfüllen? Erstmal werden ca. 85% der Stellenanzeigen gar nicht von der IT-Abteilung geschrieben, sondern von der Personalabteilung. Es ist schon sehr spannend, was da manchmal so drin steht. Der perfekte Kandidat ist da so gut wie nie möglich. Also ein klares Ja! Man sollte sich auf jeden Fall trotzdem bewerben,

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